PVC - Geschichte
Die Geschichte des Polyvinylchlorids
Der französische Chemiker Henri Victor Regnault war 1835 der erste,der im Giessener Laboratorium von Justus von Liebig Vinylchlorid herstellte und bemerkte, dass sich daraus bei längerer Einwirkung von Sonnenlicht ein weißes Pulver – Polyvinylchlorid – bildete, konnte die Bedeutung seiner Entdeckung jedoch nicht erkennen.
Mit ein Grund für den heutigen Einsatz von Polyvinylchlorid ist sicher die Verwendung eines anderen Stoffes und ein daraus entstehendes Abfallproblem. Mit dem Aufblühen der chemischen Industrie wurde der Rohstoff Natronlauge, der auch heute für viele Prozesse und Verfahren eingesetzt wird, in immer größeren Mengen hergestellt. Die wichtigsten Einsatzbereiche der Natronlauge sind die Verarbeitung in der Seifenindustrie, die Celluloseherstellung und die Gewinnung von Aluminium aus Bauxit. Die Natronlauge wurde mit Hilfe elektrolytische Zersetzung aus Kochsalz (Natriumchlorid) gewonnen, übrig blieb dabei Chlor und Wasserstoff.
1912 erhielt der deutsche Chemiker Fritz Klatte von der Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron (Griesheim bei Frankfurt), später ein Produktionsort der Firma Hoechst, den Auftrag, für den in großen Mengen vorhandenen Rohstoff Ethen (Ethylen) neue Umsetzungsprodukte zu finden. Auch er setzte für seine Versuche, wie zuvor Regnault, Glasgefäße mit Vinylchlorid und verschiedenen Zusätzen dem Sonnenlicht aus. Seine Forschungen führten 1912 zur Synthese von Vinylchlorid aus Acetylen und Chlorwasserstoff. 1913 erhielt Klatte das Patent auf die „Polymerisation von Vinylchlorid und Verwendung als Hornersatz, als Filme, Kunstfäden und für Lacke“. Er legte damit die Grundsteine für die Herstellung von PVC, das vorerst nur die Bindung von Chlor ermöglichte und so die Lagerung in großen Mengen gestattete. Mit der Rohstoffknappheit während und nach dem Erster Weltkrieg wurden die Anstrengungen verstärkt, PVC als Rohstoff zu nutzen, um teure Rohstoffe durch kostengünstige Materialien zu ersetzen. Es kam jedoch erst Ende der 1920er Jahre zu weiteren Anwendungen. 1928 erfolgte die großtechnische Auswertung durch Produktion in den USA und 1930 in Rheinfelden durch die BASF; 1935 nahm die IG Farben die PVC-Produktion auf.
1935 gelang in Bitterfeld die Plastifizierung von Hart-PVC bei Temperaturen von 160 Grad Celsius: erste Produkte waren Folien und Rohre. Letztere wurden 1935 in Bitterfeld und Salzgitter verlegt. Eine Produktmarke dieser Zeit, die umgangssprachlich auch das Ende der im Namen enthaltenen IG-Farben noch eine Zeit lang überlebte, war das Igelit. Nach 1945 war PVC der meist produzierte Kunststoff der Welt. Im Jahr 1948 wurden schließlich Schallplatten aus PVC hergestellt, das den Schellack endgültig ablöste. Daher rührt auch die heutige Bezeichnung Vinylplatte.
Die Entwicklung der Chlorchemie beruht ursächlich auf der leichten Zugänglichkeit chlorierter Paraffine und der damit zugänglichen Palette von daraus ableitbaren Substanzen und Materialien. Begünstigt wurde dies dadurch, dass die bei der Herstellung von Natronlauge durch elektrolytische Zersetzung von Natriumchlorid entstehenden großen Mengen an Chlor zu lagern und einer Verwendung zuzuführen waren. Möglich wurde dies durch die großtechnische und kommerzielle Erschließung des thermoplastischen Materials PVC.